Schimmelpilze - clever vorbeugen!

Bei der wachsenden Schimmelpilzproblematik ist der schnelle „Griff in die Dämmstoffkiste“ die am häufigsten angewendete Sanierungsempfehlung. 

Geschrieben von Jürgen Jörges am 5. November 2015

Bei der wachsenden Schimmelpilzproblematik ist der schnelle „Griff in die Dämmstoffkiste“ die am häufigsten angewendete Sanierungsempfehlung. Dies ist auch völlig in Ordnung. Bei fachgerechter Ausführung einer Wärmedämmung erhöht sich die Oberflächentemperatur: Somit wird der Ausfall von Kondensat an Außenwandflächen verringert. Entgegen dieser bauphysikalischen Tatsache, hält sich in den Köpfen, dass eine Wärmedämmung Schimmelpilzbildung begünstigt.

Das ist einfach ausgedrückt – Quatsch!

Verantwortlich für diese Fehleinschätzung sind unterschiedliche Faktoren. Wärmedämmung und Luftdichtigkeit werden oft miteinander verwechselt. Es sind jedoch zwei völlig unterschiedliche Bereiche mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Zu dichte Wohnungen bzw. ungenügender Luftwechsel können zu einem Problem führen, eine warme Wand jedoch nicht.

Des Weiteren kommt es vor, dass vorhandene Feuchteschäden missachtet werden. Hier wird die Wärmedämmung zum Katalysator für einen bestehenden Schaden. Sie ist jedoch nicht als Ursache zu bezeichnen.

Bei bauphysikalischer Betrachtung müsste es in jeder Altbauwohnung mit 30cm Ziegelmauerwerk und einer Oberflächentemperatur von 10 °C zu Schimmelbildung kommen. Statistisch gesehen weisen aber nur 3-5 % dieser Wohnungen Schimmelschäden auf. Demnach ist das Wachstum von Schimmel nicht nur mit der Gebäudehülle in Verbindung zu sehen. 

Die Wasseraktivität auf der Bauteiloberfläche spielt eine entscheidende Rolle. Baumaterialien mit einem hohen Feuchtespeicher werden weniger mit Schimmel befallen als Stoffe ohne Feuchtespeichervermögen.
Ein weiterer Punkt ist die Temperatur auf der Bauteiloberfläche. Je kühler die Fläche, desto größer ist die Chance für Schimmelbefall. Es ist eben eine Tatsache, dass vorhandene Luftfeuchtigkeit auf kalten Bauteilflächen kondensiert und es somit zur Schimmelpilzbildung kommen kann.
Auch der Untergrund als Nährboden ist entsprechend zu berücksichtigen. Schimmelpilze sind recht anspruchslos und Materialien wie Zellulose (Kleister, Tapeten…) begünstigen das Schimmelwachstum. Auf leicht sauren oder neutralen Untergründen wachsen Schimmelpilze  bevorzugt. Empfehlenswert sind daher Materialien, die leicht alkalisch sind.

Warum werden dann Gipsputze am häufigsten als Innenputz verwendet? Gipsputze sind vom pH-Wert als neutral zu betrachten!

Letztendlich muss auch noch das Raumklima in den Fokus gerückt werden, für das der Bewohner selbst verantwortlich ist. Ein Blick auf die Rechtsprechung führt zu purer Verzweiflung. Hier sind Urteile zu finden, dass beispielsweise eine 30 m² große Wohnung, die von 2 Personen bewohnt wird, am Tag viermal durch Fensteröffnung vom Bewohner belüftet werden muss. Ebenfalls gibt es Urteile, dass eine Wohnung die täglich ein bis zweimal mit Fensteröffnung belüftet werden soll, als Wohnraum ungeeignet ist.

Ja was denn nun? Sicherlich ist es nicht erstrebenswert, sich in die Hände von Justitia zu begeben, um schimmelfreies Wohnen zu erreichen.

Das Gute ist, alle Faktoren können beeinflusst werden. Wer heute baut oder saniert, kann das Feuchtespeichervermögen sowie den pH-Wert des Untergrundes beeinflussen. Eine dementsprechende, kluge Materialwahl macht es möglich. Oberflächentemperaturen lassen sich mit geeigneten Dämm-Maßnahmen optimieren und auch für das Raumklima gibt es Möglichkeiten, den erforderlichen Luftwechsel nutzerunabhängig zu ermöglichen.

Wer Ärger und Schimmel vermeiden möchte, sollte wissen, was zu tun ist und sauber planen. Dies erfordert auf jeden Fall eine große Portion Fachkompetenz.