Das Gewerkeloch

Fast so groß wie das Ozonloch ist das Problem mit dem Gewerkeloch auf unseren Baustellen. Klingt doof, ist aber so und es führt immer wieder zu erheblichen Schäden. Wenn mehrere Gewerke an einer Stelle eine gemeinsame Dichtungslösung finden müssen, dann haben alle Beteiligten hoffentlich ein gutes Händchen und den Blick für das Wesentliche.

Gelingt dies nicht, dann entsteht irgendwo an dieser Schnittstelle ein Loch, für das sich dann im Nachgang auch keiner verantwortlich fühlt. Das Gewerkeloch!
Als prominentes Beispiel ist hier der Fenstereinbau zu nennen. Egal, ob im Anschluss zur Fensterbank oder im Anschluss zur Terrasse/Balkon die Gebäudeabdichtung muss sichergestellt sein.
Gerade beim Anschluss zu erdberührten Bereichen erhöht sich die Zahl der Mittäter. Neben dem Rohbauer, der für die Abdichtung des Gebäudes verantwortlich ist, muss der Fensterbauer nach der Montage die Abdichtung für das Fenster gewährleisten. Der Putzer hat dafür zu sorgen, dass der ausgeführte Sockelputz ebenfalls gegen eindringende Feuchtigkeit geschützt ist und auch der Garten- und Landschaftsbauer ist nicht ganz unbeteiligt. Er muss vor Ausführung seiner Arbeiten sicherstellen, dass die erforderlichen Abdichtungen auch vorhanden sind. Zu guter Letzt gibt es ja auch noch einen Architekten oder einen Bauleiter, der die Aufgabe der Bauüberwachung zu erfüllen hat.

Wie bereits gesagt, wenn die vorgenannten Akteure nicht optimal zusammenarbeiten, dann führt das unweigerlich zu eindringender Feuchtigkeit in das Bauteil. In Mauerwerkskonstruktionen kommt es dann zu Durchfeuchtungen und zu Schimmelbildung. In Holzkonstruktionen kann es sogar zu statischen Beeinträchtigungen führen.

Das Problem, jeder macht seine Arbeit, aber keiner macht sie richtig. Das ständige deuten mit dem Finger auf die Anderen, führt zu umfangreichen Diskussionen beim Ortstermin. Doch aufgepasst, wer mit ausgestreckten Finger auf andere zeigt, zeigt gleichzeitig immer mit drei Finger auf sich selbst (wer das nicht glaubt, kann es gerne mal ausprobieren). Letztendlich ist jedoch jeder Handwerker zur Untergrundprüfung und zur Abnahme des Vorgewerkes verpflichtet.
Nur weil ich als Landschaftsgärtner nichts mit Putz und Abdichtung zu tun habe, kann ich nicht Erdreich an ein Gebäude anschütten, das eine unzureichende oder gar ganz fehlende Abdichtung besitzt.
Als Putzer darf ich nicht die Anschlüsse der Fenster beiputzen, wenn keine Abdichtung gegen eindringende Feuchtigkeit vorhanden ist, oder diese als unzureichend zu bezeichnen ist.
Auch der Fensterbauer ist deutlich später an der Baustelle als der Rohbauer, sofern die vom Rohbauer ausgeführte Abdichtung nicht ausreichend ist oder Stellen fehlen, muss er einen entsprechenden Hinweis darauf geben.
Das fällt dann unter den Begriff „Bedenken anmelden“.

Wie bereits erwähnt, haben wir ja noch eine übergeordnete Funktion des Architekten oder des Bauleiters. Die Ausarbeitung der Schnittstellen ist eine planerische Leistung und gehört daher in seine Hände.

Das Dickste kommt bekanntlich ja immer am Ende. Ich wurde gerufen wegen Schimmelbefall hinter einer Sockelleiste im Neubau. 7cm hoch und vielleicht 40 cm lang. Gefunden habe ich eine mangelhafte Abdichtung des Fensters, ein fehlender Feuchteschutz im Sockelbereich und eine mangelhaft ausgeführte Abdichtung des Gebäudes.

  • Auch der durchgerostete Eckwinkel verspricht nicht Gutes
  • Ein Gewerkeloch in seiner schönsten Pracht
  • Ein Feuchteschutz im Sockelbereich ist nicht vorhanden
  • Die hochgedämmten Mauersteine sind von unten offen und nicht abgedichtet.

Mein Tipp:
Ein externer Experte, der den Gewerken auf die Finger schaut, kann viel Ärger ersparen.