Das ist kein Wasserschaden, das ist Betrug!

  • Auf dem Foto ist es nicht ganz so gut sichtbar, aber der Boden ist stark wellig

Geschrieben von Jürgen Jörges am 06.08.2018

Wieder einmal ein spannender Fall mit einem ungewöhnlichen Ausgang.

Im Zuge eines Mieterwechsels, fällt dem Vermieter auf, dass der verlegte PVC-Boden in der Küche sehr wellig ist. Die unregelmäßige Bodenfläche ist so stark auffällig, dass es störend wirkt. Der Boden ist relativ neu verlegt. Vier Jahre sind jetzt nicht als Deadline für einen solchen Bodenbelag zu betrachten und so sucht sich der Besitzer der Wohnung erst mal Rat bei seinem Bodenleger.

„Da ist ein Wasserschaden die Ursache.“ Eine kurze und knappe Erklärung. Der Feuchteeintrag soll über die Spüle erfolgt sein. Mehr war aus dem Fachmann nicht heraus zubringen. Toll, ein Wasserschaden, der nicht von den Mietern gemeldet wurde.

Jetzt soll ich den Nachweis erbringen, dass der Nutzer der Wohnung, einen Wasserschaden verursacht hat. Wie immer geht es darum, wer zum Schluss die Kosten trägt. Also schaue ich mir die Sache einmal an. Ich sehe einen welligen Boden, aber einen Wasserschaden sehe ich nicht. In der ganzen Küche finde ich nirgends einen Hinweis darauf, dass irgendwo einmal ein Wasserschaden gewesen ist. Nichts, aber auch wirklich gar nichts ist zu finden. Selbst hinter den Sockelleisten, wo früher die Spüle stand ist nichts zu finden.

Das ist kein Wasserschaden!

 

  • Im Bereich der Spüle sind keinerlei Auffälligkeiten erkennbar
  • Auch hinter der Sockelleiste hat sich nichts versteckt

Warum ist dieser Boden denn so wellig? Er ist komplett fest mit dem Untergrund verbunden. Keinerlei Hohlstellen oder Bereiche, die ich eindrücken könnte. Ein Wasserschaden im Untergrund würde dazu führen, dass die Spachtelmasse aufquillt und wenn dem so wäre, dann würde der Boden nicht mehr fest mit dem Untergrund verbunden sein.

Als Sachverständiger wünsche ich mir ja manchmal Superkräfte. Da ich aber keinen Röntgenblick besitze, kann ich nicht durch den PVC-Boden sehen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, Messer raus und jetzt wird einmal richtig nachgeschaut, was das Problem ist.

  • Was kommt denn da zum Vorschein
  • Ein ungespachtelter Fliesenboden ist nicht der richtige Untergrund für einen PVC-Boden

Mein Blick muss einmalig gewesen sein, denn das habe ich nicht erwartet. Der PVC-Boden ist einfach auf einen kleinteiligen Mosaikboden verklebt - keine Spachtelung, keine Grundierung. Die unregelmäßig verklebten Fliesen und Fugen führen zu der entsprechenden Welligkeit in der Bodenfläche. Da nutzt es auch nichts, dass ich eine Rechnung gezeigt bekomme, in der sowohl die Grundierung als auch die Spachtelung abgerechnet wurde. Ausgeführt wurden diese Positionen jedoch nicht. Am Anfang mag der unregelmäßig aufgetragene Kleber vielleicht noch etwas kaschierend gewirkt haben. Im Laufe der Zeit sind die Unregelmäßigkeiten aus dem Untergrund jedoch sichtbar geworden.

Das ist kein Wasserschaden, dass ist Betrug. 

Leichtfertig wollte der Handwerker seinen Pfusch auf den Mieter abwälzen.
Sorry, aber das geht gar nicht.

Als Kunde kann und muss man erwarten, dass die Positionen, die in Rechnung gestellt werden auch ausgeführt sind. Noch schlimmer wird es, wenn der Bodenleger auf sein „Versäumnis“ angesprochen wird. „Er habe eine spezielle Grundierung verwendet, die gleichzeitig auch Spachtelmasse sei.“ Was ein Quatsch, jetzt kann er noch nicht einmal seinen Fehler eingestehen. Es gibt Spachtelmassen, die ohne Grundierung verwendet werden können, aber es gibt keine Grundierung, die eine Spachtelmasse ersetzt. Mit diesen Äußerungen wird sein Kunde nach dem Betrug auch noch für dumm verkauft.

Mein Tipp:
Solche Handwerker können sie direkt aus Ihrer Telefonliste streichen. Bei Unklarheiten macht es durchaus Sinn einen Sachverständigen zu befragen, bevor jemand fälschlicherweise beschuldigt wird. 

 

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